Turbojet mit Nachbrenner (ideal)

Die Nachverbrennung dient der Schubsteigerung und wird insbesondere im transsonischen und supersonischen Flugbereich eingesetzt. Der Nachbrenner stellt eine spezielle Ausführung einer Brennkammer dar, bei der großer Wert auf eine einfache und robuste Bauweise sowie auf geringes Gewicht gelegt wird. In der Regel werden im Nachbrenner noch höhere Temperaturen als die Turbineneintrittstemperatur erzielt, da sich keine Bauteile direkt stromab der Hochtemperaturbereiche befinden. Trotzdem erwärmt sich die Düsenstruktur, so dass der Nachbrenner nach Überschreiten einer kritischen Materialtemperatur abgeschaltet werden muss. Aufgrund des hohen Treibstoffverbrauchs ist der Nachbrenner ohnehin nur für kurze Einsatzdauer geeignet, um den erhöhten Schubbedarf in bestimmten Situationen zu decken. Natürlich kann das Triebwerk auch für den Dauereinsatz des Nachbrenners ausgelegt werden, hierfür ist jedoch eine geeignete Kühlung der Düsenkontur notwendig. Die maximal erreichbare Temperatur im Nachbrenner ist, wie in der regulären Brennkammer, durch die stöchiometrischen Zusammenhänge bei der Kerosinverbrennung auf ca. 2500 K begrenzt.

Abb.: Stationen des Turbojets mit Nachbrenner, Lizenz: cc-by-nc-4.0
Abb.: p-v- und T-s-Diagramm für den Turbojet mit Nachverbrennung, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Im idealen Kreisprozess verläuft die Verbrennung im Nachbrenner ebenso isobar wie in der regulären Brennkammer. Aus dem p-v- und dem T-s-Diagramm läßt sich eine deutlich größere eingeschlossene Fläche, also die Kreisprozessarbeit \(w_{cyc}\), erkennen. Darüber hinaus ist nun die Temperatur an der Stelle 7 die höchste im Kreisprozess (statt an Stelle 4) und der größere Abstand zwischen den Stellen 7 und 9 im T-s-Diagramm läßt auf eine größere Strahl-Austrittsgeschwindigkeit schließen.

Spezifischer Schub und spezifischer Impuls

Bei optimaler Expansion (\(p_{9}=p_{0}\)) ergibt sich aus der vereinfachten Schubgleichung:

\begin{equation}
\frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}} = \frac{v_{0}}{a_{0}} \left ( \frac{v_{9,a}}{v_{0}} – 1 \right )
\label{eq:schub_spez_a}
\end{equation}

Die Unbekannte, die es zu bestimmen gilt, ist die Austrittsgeschwindigkeit \(v_{9,a}\). Das Vorgehen entspricht dem für den Fall ohne Nachbrenner, mit dem Unterschied, dass der Nachbrenner als zusätzliche Komponente berücksichtigt werden muss:

\begin{equation}
T_{t9} = T_{0} \Theta_{0} \tau_{d} \tau_{c} \tau_{b} \tau_{t} \color{brown}{\tau_{a}} \tau_{n} \quad \textrm{mit:} \quad \color{brown}{\tau_{a}} = \frac{T_{t7}}{T_{t6}} = \frac{T_{t7}}{T_{t5}}
\label{eq:Tt9_komps_a}
\end{equation}

\begin{equation}
p_{t9} = p_{0} \delta_{0} \pi_{d} \pi_{c} \pi_{b} \pi_{t} \color{brown}{\pi_{a}} \pi_{n} = p_{0} \delta_{0} \pi_{d} \pi_{c} \pi_{b} \pi_{t} \pi_{n} \quad \textrm{da:} \quad \color{brown}{\pi_{a}} = 1
\label{eq:pt9_komps_a}
\end{equation}

Analog zum Fall ohne Nachbrenner führt die Verwendung weiterer Beziehungen auf:

\begin{equation}
\frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}} = \sqrt{\frac{2 \color{brown}{\Theta_{a}}}{\gamma – 1} \left [ 1 – \frac{\frac{\color{red}{\Theta_{t}}}{\Theta_{0} \color{blue}{\tau_{c}}}}{\color{red}{\Theta_{t} – \Theta_{0} \left ( \color{blue}{\tau_{c}} – 1 \right ) }} \right ]} – \color{orange}{Ma_{0}}
\label{eq:schub_turbojet_nb_allg}
\end{equation}

\begin{equation}
\frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}} = f \left ( \color{blue}{\tau_{c}}, \color{red}{\Theta_{t}}, \color{orange}{Ma_{0}}, \color{brown}{\Theta_{a}} \right )
\label{eq:schub_turbojet_nb_allg_funkt}
\end{equation}

Durch den Nachbrenner ist also die Abhängigkeit von der Temperatur \(T_{t7}\), die im Nachbrenner erzielt wird, hinzugekommen, hier in der dimensionslosen Form:

\begin{equation}
\color{brown}{\Theta_{a}} = \frac{T_{t7}}{T_{0}}
\label{eq:theta_a_def}
\end{equation}

Für die Herleitung des spezifischen Impulses \(I_{sec,a}\) wird die Energiebilanz benötigt, die die Energiezufuhr im Nachbrenner mitberücksichtigt:

\begin{equation}
\dot{m} c_{p} \left ( T_{t7} – T_{t0} \right ) = \left ( \dot{m}_{f} + \color{brown}{\dot{m}_{a}} \right ) h_{low}
\label{eq:energie_bk_a}
\end{equation}

\begin{equation}
\frac{\dot{m}_{f} + \color{brown}{\dot{m}_{a}}}{\dot{m}} = \frac{c_{p} T_{0}}{h_{low}} \left ( \color{brown}{\Theta_{a}} – \Theta_{0} \right )
\label{eq:energie_bk_a2}
\end{equation}

Damit ergibt sich für den Turbojet mit Nachbrenner:

\begin{equation}
I_{sec} = \frac{a_{0} h_{low}}{g c_{p} T_{0}} \frac{\frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}}}{\color{brown}{\Theta_{a}} – \Theta_{0}}
\label{eq:imp_sec_a}
\end{equation}

In dieser Gleichung ist die bereits hergeleitete Gl. \eqref{eq:schub_turbojet_nb_allg} für den Schub \(F_{a}\) enthalten, d.h. der spezifische Impuls hängt ebenfalls von den 4 Parametern wie in Gl. \eqref{eq:schub_turbojet_nb_allg_funkt} ab.

Maximaler spezifischer Schub und zugehöriger spezifischer Impuls

Wie im Fall ohne Nachbrenner lässt sich ein Maximalwert für die Schubgleichung des Turbojets mit Nachbrenner finden, indem Gl. \eqref{eq:schub_turbojet_nb_allg} nach \(\tau_{c}\) abgeleitet und anschließend zu Null gesetzt wird. Das führt auf:

\begin{equation}
\left . \frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}} \right |_{max} = \sqrt{\frac{2 \color{brown}{\Theta_{a}}}{\gamma – 1} \left [ 1 – \frac{4 \color{red}{\Theta_{t}}}{\left ( \Theta_{0} + \color{red}{\Theta_{t}} \right )^{2} } \right ] } – \color{orange}{Ma_{0}} = f \left ( \color{red}{\Theta_{t}}, \color{orange}{Ma_{0}}, \color{brown}{\Theta_{a}} \right )
\label{eq:schub_turbojet_a_max}
\end{equation}

\begin{equation}
\left . I_{sec} \right |_{Fmax,a} = \frac{a_{0} h_{low}}{g c_{p} T_{0}} \frac{\left . \frac{F_{a}}{\dot{m} a_{0}}\right |_{max}}{\color{brown}{\Theta_{a}} – \Theta_{0}}
\label{eq:imp_sec_a_Fmax}
\end{equation}

Um den spezifischen Schub mit dem Einsatz des Nachbrenners zu maximieren, ist jedoch ein anderes Druckverhältnis gegenüber dem Fall ohne Nachbrenner notwendig:

\begin{equation}
\left . \tau_{c} \right |_{Fmax,a} = \frac{1}{2} \left ( 1 + \frac{\color{red}{\Theta_{t}}}{\Theta_{0}} \right )
\label{eq:fmax_tauc_a}
\end{equation}

\begin{equation}
\left . \pi_{c} \right |_{Fmax,a} = \left ( \left . \tau_{c} \right |_{Fmax,a} \right )^{\frac{\gamma}{\gamma – 1}}
\label{eq:fmax_pic_a}
\end{equation}

Wie aus der nachfolgenden Abbildung ersichtlich wird, handelt es sich dabei um außerordentlich hohe Werte des Verdichter-Druckverhältnisses \(\pi_{c}\), die insbesondere im subsonischen Bereich Werte von über 100 annehmen und somit unrealistisch für eine praktische Umsetzung erscheinen.

Abb.: Verdichter-Druckverhältnis für maximalen Schub eines Turbojets mit Nachbrenner, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Der maximal erzielbare spezifische Schub nach Gl. \eqref{eq:schub_turbojet_a_max} und der zugehörige spezifische Impuls nach Gl. \eqref{eq:imp_sec_a_Fmax} werden nun für folgende Beispielrechnung grafisch interpretiert:

  • \(T_{0} = 216 K\) (Stratosphäre)
  • \(a_{0} = 295 \frac{m}{s}\) (Stratosphäre)
  • \(\gamma = 1,4\) (Ideales Gas)
  • \(h_{low} = 4,3 \cdot 10^{7} \frac{J}{kg}\)
  • \(c_{p} = 1005 \frac{J}{kg K}\)
  • \(\Theta_{a} = 10 \quad \rightarrow \quad T_{t7} = 2160 K \)
Abb.: Maximal erzielbarer spezifischer Schub eines Turbojets mit Nachbrenner, Lizenz: cc-by-nc-4.0
Abb.: Spezifischer Impuls eines Turbojets mit Nachbrenner bei maximalem spezifischem Schub, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Aus den Abbildungen ist ersichtlich, dass der Einsatz des Nachbrenners den Schub erheblich erhöhen kann. Bei \(Ma_{0} \approx 1\) beträgt diese Erhöhung ca. 50% und steigt auf ca. 100% bei \(Ma_{0} \approx 3\). Die Schuberhöhung ist also im Überschallbereich deutlich wirksamer. Die Schuberhöhung wird für \(Ma_{0} < 3\) durch eine deutliche Absenkung des spezifischen Impulses erkauft, was gleichbedeutend mit einer Verbrauchserhöhung ist. Interessanterweise ist jedoch ab \(Ma_{0} \approx 3\) der Impuls und somit auch der Verbrauch günstiger, wenn der Nachbrenner eingesetzt wird. Bei diesen großen Flugmachzahlen ist das erforderliche Druckverhältnis von \(\pi_{c} \approx 10\) ebenfalls realisierbar.

Vergleich zum Turbojet ohne Nachbrenner

In diesem Abschnitt werden nicht die maximal erzielbaren Schübe mit und ohne Nachbrenner verglichen, sondern für ein vorgegebenes Verdichter-Druckverhältnis, das für beide Fälle konstant gehalten wird. Es handelt sich also um das gleiche Triebwerk, bei dem lediglich der Nachbrenner hinzugeschaltet wird. Es wird weiterhin von einem „idealen“ Triebwerk ausgegangen, bei dem die Strömung am Austritt optimal expandiert ist und Strömungsverluste vernachlässigt werden.

Die Herleitung der Austrittsgeschwindigkeit für den Turbojet mit Nachbrenner erfolgt analog zu dem Fall ohne Nachbrenner und führt auf:

\begin{equation}
\frac{v_{9,a}}{v_{0}} = \frac{Ma_{9,a}}{v_{0}} \sqrt{\tau_{b} \color{brown}{\tau_{a}}}
\label{eq:v9_v0_a}
\end{equation}

Darüber hinaus kann gezeigt werden, dass die Austritts-Machzahl für beide Fälle gleich groß ist:

\begin{equation}
Ma_{9,a} = Ma_{9}
\label{eq:Ma9_a}
\end{equation}

Dann unterscheidet sich die Austrittsgeschwindigkeit \(v_{9,a}\) nach Gl. \eqref{eq:v9_v0_a} gegenüber dem Fall ohne Nachbrenner lediglich durch den Term \(\sqrt{\color{brown}{\tau_{a}}}\):

\begin{equation}
\frac{v_{9,a}}{v_{9}} = \sqrt{\color{brown}{\tau_{a}}} = \sqrt{\frac{T_{t7,a}}{T_{t5}}} = \sqrt{\frac{T_{t7,a}}{T_{t7}}}
\label{eq:v9a_v9}
\end{equation}

Die Schubsteigerung durch den Nachbrennereinsatz lässt sich bestimmen, indem die vereinfachte Schubgleichung mit Nachbrenner Gl. \eqref{eq:schub_spez_a} durch die entsprechende Gleichung ohne Nachbrenner geteilt wird:

\begin{equation}
\frac{F_{a}}{F} = \frac{v_{9,a} – v_{0}}{v_{9} – v_{0}} = \frac{\frac{v_{9,a}}{v_{9}} – \frac{v_{0}}{v_{9}}}{1 – \frac{v_{0}}{v_{9}}}
\label{eq:Fa_F}
\end{equation}

Mit Gl. \eqref{eq:v9a_v9} und der folgenden Umformulierung der vereinfachten Schubgleichung ohne Nachbrenner:

\begin{equation}
\frac{v_{9}}{v_{0}} = 1 + \frac{F}{\dot{m} v_{0}}
\label{eq:v9_v0}
\end{equation}

ergibt sich:

\begin{equation}
\frac{F_{a}}{F} = \frac{\color{orange}{Ma_{0}}}{\frac{F}{\dot{m} a_{0}}} \left ( \sqrt{\color{brown}{\tau_{a}}} – 1 \right ) + \sqrt{\color{brown}{\tau_{a}}}
\label{eq:Fa_F_2}
\end{equation}

Offensichtlich steigt die Schubsteigerung durch zunehmende Machzahl \(\color{orange}{Ma_{0}}\) und zunehmendes Aufheizverhältnis im Nachbrenner \(\color{brown}{\tau_{a}}\). Wie aus der nachfolgenden Abbildung für eine Beispielrechnung ersichtlich wird, erfolgt diese Zunahme progressiv, wodurch sich der Nachbrenner insbesondere für den Überschallflug gut eignet. In der Beispielrechnung sind folgende Werte verwendet worden:

  • \(T_{0} = 216 K\) (Stratosphäre)
  • \(a_{0} = 295 \frac{m}{s}\) (Stratosphäre)
  • \(\gamma = 1,4\) (Ideales Gas)
  • \(h_{low} = 4,3 \cdot 10^{7} \frac{J}{kg}\)
  • \(c_{p} = 1005 \frac{J}{kg K}\)
  • \(\Theta_{t} = 7 \quad \rightarrow \quad T_{t4} = 1512 K \)
  • \(\pi_{c} = 10 \quad \rightarrow \quad \tau_{c} = 1,93\)
Abb.: Schuberhöhung eines Turbojets durch den Nachbrenner, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Neben der Schubsteigerung soll auch die Änderung des schubspezifischen Treibstoffverbrauchs \(tsfc\) ohne und mit Nachbrenner untersucht werden:

\begin{equation}
tsfc = \frac{\dot{m}_{f}}{F}
\label{eq:tsfc_tj}
\end{equation}

\begin{equation}
tsfc_{a} = \frac{\dot{m}_{f} + \dot{m}_{a}}{F_{a}}
\label{eq:tsfc_tj_a}
\end{equation}

Das Verhältnis aus den beiden Konfigurationen lautet:

\begin{equation}
\frac{tsfc_{a}}{tsfc} = \frac{\dot{m}_{f} + \dot{m}_{a}}{\dot{m}_{f}} \frac{F}{F_{a}} = \left ( 1 + \frac{\dot{m}_{a}}{\dot{m}_{f}} \right ) \frac{F}{F_{a}} = \left ( 1 + \frac{f_{a}}{f} \right ) \frac{F}{F_{a}}
\label{eq:tsfc_tj_ratio}
\end{equation}

mit:

\begin{equation}
f = \frac{\dot{m}_{f}}{\dot{m}}
\label{eq:fratio}
\end{equation}

\begin{equation}
f_{a} = \frac{\dot{m}_{a}}{\dot{m}}
\label{eq:fratio_a}
\end{equation}

Weitere Betrachtungen aus dem idealen Kreisprozess (hier nicht gezeigt) erlauben es, den Klammerausdruck aus Gl. \eqref{eq:tsfc_tj_ratio} durch folgenden Ausdruck zu ersetzen:

\begin{equation}
\left ( 1 + \frac{\dot{m}_{a}}{\dot{m}_{f}} \right ) = \tau_{a} + \frac{\tau_{a} – 1}{\tau_{c} \left ( \tau_b – 1 \right )}
\label{eq:bracket_mass_flow}
\end{equation}

Die grafische Auswertung zeigt, dass der Treibstoffverbrauch durch den Nachbrennereinsatz immer steigt. Die Zunahme ist jedoch geringer für höhere Machzahlen, d.h. auch dieses Ergebnis favorisiert den Einsatz des Nachbrenners im Überschall.

Abb.: Erhöhung des schub-spezifischen Treibstoffverbrauchs eines Turbojets durch den Nachbrenner, Lizenz: cc-by-nc-4.0