Enthalpie-Entropie-Diagramm
Der reale Kreisprozess des Turboprop-Kerntriebwerks mit Freilaufturbine weist folgende Besonderheiten auf:
- Spezifische Turbinenarbeit \(w_{t}\) ist nur um den mechanischen Wirkungsgrad \(\eta_{m}\) größer als die spezifische Verdichterarbeit \(w_{c}\). Da der mechnische Wirkungsgrad sehr groß ist, sind die beiden Arbeiten fast gleich groß: \(w_{t} \approx w_{c}\).
- Die Austrittsgeschwindigkeit \(v_{9}\) ist nur geringfügig größer als die Fluggeschwindigkeit \(v_{0}\).
- Die Freilaufturbine gibt die spezifische Arbeit \(w_{pt}\) (power turbine) an den Propulsor ab.
Arbeit und Leistung
Die allgemeine Definition der Nutzarbeit einer Strömungsmaschine lautet:
\begin{equation}
w_{use} = w_{add} + w_{rel} = w_{add} – \left | w_{rel} \right |
\label{eq:nutzarbeit_allg}
\end{equation}
Angewendet auf das Turboprop-Kerntriebwerk ergibt sich diejenige Arbeit, die zu Vortriebszwecken genutzt wird. Diese setzt sich also aus der Arbeit der Freilaufturbine und der Strahlbeschleunigungsarbeit zusammen:
\begin{equation}
w_{use} = w_{pt} + \frac{v_{9}^2 – v_{0}^{2}}{2}
\label{eq:nutzarbeit_turboprop}
\end{equation}
Im Weiteren werden eine angepasste Düse (\(p_{9}=p_{0}\)) und vernachlässigbar kleiner Treibstoffmassenstrom (\(\dot{m}_{f}=0\), \(\dot{m}_{cr}=\dot{m}_{c}=\dot{m}_{t}\)) angenommen. Dann ergibt sich die Leistung der Freilaufturbine zu:
\begin{equation}
P_{pt} = \dot{m}_{cr} w_{pt}
\label{eq:flt_leistung}
\end{equation}
Berücksichtigt man den Getriebewirkungsgrad \(\eta_{g}\) (g – gear), so liegt an der Welle folgende Wellenleistung an (s – shaft):
\begin{equation}
P_{s} = P_{pt} \eta_{g} = \dot{m}_{cr} w_{pt} \eta_{g}
\label{eq:wellenleistung}
\end{equation}
Darüber hinaus besitzt der Propulsor ebenfalls einen Wirkungsgrad, mit dem er die angelieferte Leistung in Strahlleistung umwandelt, den Propulsorwirkungsgrad \(\eta_{psr}\). Dann ergibt sich folgende Propulsorleistung:
\begin{equation}
P_{psr} = P_{s} \eta_{psr} = \dot{m}_{cr} w_{pt} \eta_{g} \eta_{psr}
\label{eq:propulsorleistung}
\end{equation}
Die Schubleistung des gesamten Turboprops setzt sich aus der Schubleistung des Propulsors und des Kerntriebwerks zusammen:
\begin{equation}
P_{F,tp} = F v_{0} = \left ( F_{psr} + F_{cr} \right ) v_{0}
\label{eq:Schubleistung}
\end{equation}
Der Propulsor-Schub \(F_{psr}\) lässt sich mit der Propulsorleistung nach Gl. \eqref{eq:propulsorleistung} ausdrücken:
\begin{equation}
F_{psr} = \frac{P_{psr}}{v_{0}}
\label{eq:schub-psr}
\end{equation}
Der Schub des Kerntriebwerks \(F_{cr}\) lautet bei angepasster Düse:
\begin{equation}
F_{cr} = \dot{m}_{cr} \left ( v_{9} – v_{0} \right )
\label{eq:schub-cr}
\end{equation}
Einsetzen in Gl. \eqref{eq:Schubleistung} ergibt die Schubleistung des Turboprops:
\begin{equation}
P_{F,tp} = \dot{m}_{cr} w_{pt} \eta_{g} \eta_{psr} + \dot{m}_{cr} \left ( v_{9} – v_{0} \right ) v_{0} = P_{psr} + P_{F,cr}
\label{eq:Schubleistung2}
\end{equation}
mit der Propulsorleistung \(P_{psr}\) nach Gl. \eqref{eq:propulsorleistung} und der Schubleistung des Kerntriebwerks \(P_{F,cr}\):
\begin{equation}
P_{F,cr} = \dot{m}_{cr} \left ( v_{9} – v_{0} \right ) v_{0}
\label{eq:Schubleistung-Kern}
\end{equation}
Eine weitere Kennzahl zur Charakterisierung des Turboprops ist die äquivalente Wellenleistung \(P_{eq}\). Diese gibt die Wellenleistung an, die an den Propulsor übertragen werden müsste, um die gleiche Schubleistung zu erzeugen, die der Propulsor und der Strahl zusammen erzeugen.
\begin{equation}
P_{eq} = \frac{P_{F,tp}}{\eta_{psr}} = \frac{P_{psr} + P_{F,cr}}{\eta_{psr}} = P_{s} + \frac{P_{F,cr}}{\eta_{psr}}
\label{eq:eq_Leistung}
\end{equation}
Mit Gln. \eqref{eq:wellenleistung} und \eqref{eq:Schubleistung-Kern} ergibt sich:
\begin{equation}
P_{eq} = \dot{m}_{cr} w_{pt} \eta_{g} + \frac{\dot{m}_{cr} \left ( v_{9} – v_{0} \right ) v_{0}}{\eta_{psr}} = \dot{m}_{cr} \left [ w_{pt} \eta_{g} + \frac{\left ( v_{9} – v_{0} \right ) v_{0}}{\eta_{psr}} \right ]
\label{eq:eq_Leistung2}
\end{equation}
Daraus lässt sich auch die äquivalente spezifische Wellenarbeit angeben:
\begin{equation}
w_{eq} = \frac{P_{eq}}{\dot{m}_{cr}} = w_{pt} \eta_{g} + \frac{\left ( v_{9} – v_{0} \right ) v_{0}}{\eta_{psr}}
\label{eq:eq_arbeit}
\end{equation}
Der typische Verlauf des Propulsorwirkungsgrads ist in nachfolgender Abbildung dargestellt. Dieser ist gegenüber dem Gesamtwirkungsgrad von Turbostrahltriebwerken bei kleinen und mittleren subsonischen Flugmachzahlen größer, nimmt jedoch bei zunehmender Machzahl aufgrund von Verdichtungsstößen im Relativsystem ab. Demnach ist hinsichtlich des Treibstoffverbrauchs der Turboprop bis \(Ma_{0} \approx 0,5\) besser geeignet als Turbojet oder Turbofan.
Beispielrechnung
Um die Abhängigkeiten der Kennzahlen von dem Verdichter-Druckverhältnis zu untersuchen, ist eine Beispielrechnung mit folgenden Angaben erstellt worden:
- Flughöhe \(6 km\), \(p_{0}=47180 Pa\), \(T_{0}=249,15 K\)
- \(\pi_{d}=0.99, \pi_{b}=0.97, \pi_{n}=0.995\)
- \(\eta_{is,d}=0.99, \eta_{is,c}=0.85, \eta_{b}=0.99, \eta_{is,t}=0.85, \eta_{is,pt}=0.85, \eta_{is,n}=0.995\)
Aus der nachfolgenden Abbildung lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:
- Mit zunehmender Turbineneintrittstemperatur \(\Theta_{t}\) nimmt die Wellenarbeit zu.
- Maximale Wellenarbeit wird bei kleinen Verdichter-Druckverhältnissen erreicht, \(\pi_{c}<10\).
- Minimaler Verbrauch wird bei mittelgroßen Verdichter-Druckverhältnissen erreicht.
- Größere Leistungsentnahme in der Freilaufturbine (kleineres \(\pi_{pt}\)) reduziert den Verbrauch.
- Das optimale Verdichter-Druckverhältnis \(\pi_{c}\) hängt von der Kombination von \(\Theta_{t}\) und \(\pi_{pt}\) ab. Ein sinnvoller Bereich liegt zwischen 5 und 30. Sowohl kleinere als auch größere Werte reduzieren die Wellenarbeit und erhöhen den Verbrauch.