Arbeit

Eine Verdichterstufe besteht aus einem Rotor gefolgt von einem Stator, während die Reihenfolge in der Turbinenstufe umgekehrt ist. Die Stationen 1 und 2 befinden sich in beiden Fällen vor bzw. nach dem Rotor, vgl. Abb. S2-Ebene (Meridianschnitt).

Vor der Verdichterstufe kann ein Vorleitrad installiert werden, um Mitdrall (Rotor wird entlastet) oder Gegendrall (Rotor wird zusätzlich belastet) zu erzeugen. Verstellbare Vorleiträder (VIGV – variable inlet guide vane) erlauben eine deutliche Erweiterung des Arbeitsbereichs.

Hinter der Turbinenstufe kann ein Austrittsleitrad installiert werden, um den Restdrall herauszunehmen und somit eine rein axiale Abströmung zu gewährleisten.

Abb.: S2-Ebene (Meridianschnitt) einer Axialmaschine: Stationen im Verdichter und in der Turbine; Lizenz: cc-by-nc-4.0

Wird die Zylinderfläche mit konstantem Radius abgewickelt, erhält man die sogenannte S1-Ebene (Umfangsschnitt), die durch die Koordinaten \(x\) und \(r \theta\) aufgespannt wird und sich nach oben und unten ins Unendliche erstreckt \(\rightarrow\) Schaufelgitter (Schaufelkaskade).

Abb.: S1-Ebene (Umfangsschnitt) und Geschwindigkeitsdreiecke einer axialen Verdichterstufe; Lizenz: cc-by-nc-4.0
Abb.: S1-Ebene (Umfangsschnitt) und Geschwindigkeitsdreiecke einer axialen Turbinenstufe; Lizenz: cc-by-nc-4.0

Betrachtet man die Passage zwischen zwei benachbarten Schaufeln, stellt man im Verdichter eine Querschnittserweiterung und in der Turbine eine Querschnittsabnahme fest:

  • Verdichtergitter = Verzögerungsgitter
  • Turbinengitter = Beschleunigungsgitter

Hierbei wird der Rotor immer im Relativsystem und der Stator im Absolutsystem betrachtet.

Abb.: Querschnittsverlauf in einer Verdichterpassage (zunehmend) -> Verzögerungsgitter; Lizenz: cc-by-nc-4.0
Abb.: Querschnittsverlauf in einer Turbinenpassage (abnehmend) -> Beschleunigungsgitter; Lizenz: cc-by-nc-4.0

Die Geschwindigkeitsdreiecke und die Geometrieparameter bestehen aus:

\begin{eqnarray*}
v & = & \textrm{Absolutgeschwindigkeit} \\
v_{x} & = & \textrm{Komponente der Absolutgeschwindigkeit in axialer Richtung} \\
v_{\theta} & = & \textrm{Komponente der Absolutgeschwindigkeit in Umfangsrichtung = Drall(geschwindigkeit)} \\
w & = & \textrm{Relativgeschwindigkeit} \\
u & = & \textrm{Umfangsgeschwindigkeit} \\
\beta & = & \textrm{Absolutwinkel} \\
\beta‘ & = & \textrm{Relativwinkel} \\
l & = & \textrm{Sehnenlänge} \\
p & = & \textrm{Teilung (pitch)} \\
\frac{p}{l} & = & \textrm{Teilungsverhältnis (pitch to chord ratio)} \\
\frac{l}{p} & = & \textrm{Überdeckung (solidity)} \\
\lambda & = & \textrm{Staffelungswinkel}
\label{eq:geschwdreiecke_bezeichn}
\end{eqnarray*}

Abb.: Bezeichnungen im Schaufelgitter; Lizenz: cc-by-nc-4.0

Bei der Zusammensetzung der Geschwindigkeitsdreiecke ist zu beachten, dass sich die Absolutgeschwindigkeit immer als Resultat der vektoriellen Addition aus der Relativgeschwindigkeit und der Umfangsgeschwindigkeit ergibt.

Euler’sche Turbomaschinengleichung (Euler-Arbeit)

Da die Arbeitsumsetzung lediglich im Rotor stattfindet, wird eine Kontrollfläche zwischen den Stationen 1 und 2 gelegt und der Impulssatz in Umfangsrichtung angewendet:

\begin{equation}
-\rho_{1} \, 2 \pi r \, dr_{1} v_{1x} v_{1\theta} + \rho_{2} \, 2 \pi r \, dr_{2} v_{2x} v_{2\theta} = N \, dF_{\theta}
\label{eq:imptheta1}
\end{equation}

Hierbei Kennzeichnet \(N\) die Anzahl der am Kranz vorhandenen Schaufeln. Als Vereinfachung wird angenommen, dass die Axialgeschwindigkeit konstant bleibt (kann durch die Kontraktion bzw. Divergenz der Seitenwände eingestellt werden):

\begin{equation}
v_{1x} = v_{2x} = v_{x}
\label{eq:axialgeschw_konst}
\end{equation}

Die Massenerhaltung liefert:

\begin{equation}
\rho_{1} \, 2 \pi r \, dr_{1} v_{x} = \rho_{2} \, 2 \pi r \, dr_{2} v_{x} = d\dot{m}
\label{eq:massenstrom_konst}
\end{equation}

Eingesetzt in \eqref{eq:imptheta1} ergibt:

\begin{equation}
N \, dF_{\theta} = d\dot{m} \left ( v_{2\theta} – v_{1\theta} \right )
\label{eq:imptheta2}
\end{equation}

Multiplikation mit der Umfangsgeschwindigkeit \(u\) ergibt die Leistung \(dP\), die auf einem infinitesimalen radialen Abschnitt \(dr\) wirkt:

\begin{eqnarray}
N \, dF_{\theta} \, u & = & d\dot{m} \, u \left ( v_{2\theta} – v_{1\theta} \right ) \label{eq:imptheta3} \\
dP & = & d\dot{m} \, u \left ( v_{2\theta} – v_{1\theta} \right ) \label{eq:imptheta4} \\
\end{eqnarray}

Teilung durch den Massenstrom führt auf die spezifische Arbeit \(w_{u}\) (Euler-Arbeit) für axiale Maschinen:

\begin{equation}
w_{u} = \frac{dP}{d\dot{m}} = \color{green}{u} \left ( \color{blue}{v_{2\theta}} – \color{red}{v_{1\theta}} \right ) \qquad \left [ w_{u} \right ] = \frac{J}{kg}
\label{eq:eulergl_axial}
\end{equation}

Hierbei ist zu beachten, dass alle drei Geschwindigkeiten vorzeichensensitiv sind. Es ergibt sich ein positiver Wert der spezifischen Arbeit in Verdichtern und ein negativer in Turbinen.

Große Euler-Arbeit lässt sich erreichen durch:

  • Große Umfangsgeschwindigkeit \(\color{green}{u} \quad \rightarrow\) Grenze: Große Fliehkräfte und Überschall im Relativsystem (Verdichtungsstöße).
  • Große Dralländerung \(\color{blue}{v_{2\theta}} – \color{red}{v_{1\theta}} \quad \rightarrow\) Grenze: Strömungsablösung infolge großer Umlenkung.

Betrachtet man diagonale und radiale Maschinen, kommt als zusätzliche Möglichkeit die Radiusänderung hinzu (hier nicht gezeigt).

Analyse der Dralländerung in Verdichtern und Turbinen führt auf folgende Schlußfolgerungen:

  • Verdichter: Beim Durchströmen des Rotors wird der Drall in Drehrichtung geändert.
  • Turbine: Beim Durchströmen des Rotors wird der Drall entgegen der Drehrichtung geändert.

Darüber hinaus läßt sich die spezifische Arbeit durch die Änderung der Totalenthalpie angeben:

\begin{equation}
w_{u} = h_{t2} – h_{t1} = c_{p,m} \left ( T_{t2} – T_{t1} \right )
\label{eq:eulergl_axial_enth}
\end{equation}

Da der Stator keine Arbeit umsetzt, lässt sich diese Gleichung wie folgt schreiben, so dass die gesamte Stufe erfasst wird (und nicht nur der Rotor):

\begin{eqnarray}
\textrm{Verdichter} & = & w_{u} = h_{t3} – h_{t1} = c_{p,m} \left ( T_{t3} – T_{t1} \right ) \\
\textrm{Turbine} & = & w_{u} = h_{t2} – h_{t0} = c_{p,m} \left ( T_{t2} – T_{t0} \right )
\end{eqnarray}

Auf diese Weise kann das Temperaturverhältnis bzw. Druckverhältnis der Stufe berechnet werden.

Repetierstufe (Normalstufe)

Eine Besonderheit ergibt sich, wenn die Rotor- und Statorprofile so ausgelegt werden, dass die Geschwindigkeitsdreiecke am Stufenaustritt gleich sind wie am Stufeneintritt (Verdichter: Station 3 = 1; Turbine: Station 2 = 0). Dann kann die gleiche Stufe mehrfach hintereinander angewendet werden, wodurch Auslegungsaufwand und Herstellungskosten reduziert werden.