Klassifizierung

Klassifizierung von Flugantrieben

Aus der Flugenveloppe ist ersichtlich, dass verschiedene Fluggeräte verschiedene Antriebe benötigen:

  • Turboshaft (Wellenleistungstriebwerk) für Hubschrauber
  • Turboprop (Propeller-Turbinen-Luftstrahltriebwerk – PTL) für Regionalflugzeuge
  • Turbofan (Zweistrom-Turbinen-Luftstrahltriebwerk – ZTL) mit großem Bypass-Verhältnis (Nebenstromverhältnis) für Unterschallflugzeuge
  • Turbofan mit niedrigem Bypass-Verhältnis oder Turbojet (Turbinen-Luftstrahltriebwerk – TL, Bypass-Verhältnis = 0) für Überschallflugzeuge
  • Ramjet (Staustrahltriebwerk) oder Scramjet (Ramjet mit Überschallverbrennung) für größere Überschallgeschwindigkeiten, d.h. Machzahlen bis ca. 7
  • Raketen für noch größere Geschwindigkeiten

In dieser Reihenfolge steigt auch die erreichbare Flughöhe. Bei den angegebenen Bereichen in den Abbildungen handelt es sich um Bereiche, die im Normalfall durch die Triebwerkstypen abgedeckt werden. Im Einzelfall sind Triebwerke bzw. Flugzeuge gebaut worden, die über die dargestellten Grenzen hinausgehen.

Abb.: Flugenveloppe von Flugantrieben, Unterschall, Lizenz: cc-by-nc-4.0
Abb.: Flugenveloppe von Flugantrieben, Überschall, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Die Grenzen der Flugenveloppe sind skizzenhaft anhand eines Überschallflugzeugs in der nachfolgenden Abbildung dargestellt:

  • Auftriebsgrenze (lift limit): Im Gegensatz zu Fluggeräten, die leichter als Luft sind und statischen Auftrieb erzeugen, benötigen Fluggeräte, die schwerer als Luft sind, eine Flugbewegung, um dynamischen Auftrieb zu erzeugen. Bei einer zu langsamen Fluggeschwindigkeit reicht der erzeugte Auftrieb nicht aus, um das Gewicht des Fluggerätes zu kompensieren.
  • Schubgrenze (thrust limit): Die Luftdichte wird mit zunehmender Flughöhe immer geringer, so dass die „luftatmenden“ Triebwerke nicht genügend Schub entwickeln können.
  • Temperaturgrenze (temperature limit): Der Aufstauprozess an den Vorderkanten des Flugzeugs führt zu einer großen Temperaturzunahme in Überschallströmungen, so dass die zulässigen Werte der Strukturmaterialien überschritten werden.
  • Festigkeitsgrenze (structural limit): Bei schnellem Flug in niedriger Flughöhe (d.h. hoher Luftdichte) kommt es zu Flatterschwingungen (buffeting), die zum Versagen der Struktur führen.
Abb.: Grenzen der Flugenveloppe am Beispiel eines Überschallflugzeugs, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Flugantriebe können nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden, zum Beispiel:

  • Art der Schuberzeugung: Strahlantriebe und Propulsorantriebe
  • Kerntriebwerk: Gasturbine, Wellenleistungstriebwerk (kann einen Propulsor, einen Hubschrauberrotor oder einen Stromgenerator antreiben), Kolbenmaschine und Elektromotor
  • Anzahl der Luftströme: Turbojet (1 Luftstrom) und Turbofan (2 Luftströme)
  • Anzahl der Wellen
  • Ummantelung
  • Benutzung der atmosphärischen Luft
  • Schubklasse

Hierbei sind auch hybride Bauweisen möglich, zum Beispiel:

  • Hybrid-elektrisches Triebwerk, bei dem eine Verbrennungskraftmaschine und ein Elektromotor kombiniert werden
  • Turbo-Compound-Triebwerk, d.h. Kolbenmotor mit Turboaufladung
  • Turbofan: Der Propulsor (Fan) wird durch eine Gasturbine als Kerntriebwerk angetrieben. Die Gasturbine entnimmt dem Kernmassenstrom jedoch nicht die gesamte verfügbare Energie, so dass auch der Kernstrahl eine große Geschwindigkeit aufweist und zum Schub beiträgt. Da der Propulsor ummantelt ist, wird dieser Triebwerkstyp häufig den Strahltriebwerken zugeordnet.
  • Turboprop: Der Propulsor (Propeller) wird durch eine Wellenleistungsmaschine (shaft engine) angetrieben. Diese ist prinzipiell auch eine Gasturbine, mit dem Unterschied, dass möglichst viel von der verfügbaren Energie aus dem Kernmassenstrom entnommen wird und dem Propeller oder einem anderen Verbraucher in Form von Wellenarbeit bzw. Wellenleistung zur Verfügung gestellt wird. Der Beitrag des Kernstrahls zum Schub ist in diesem Fall sehr gering. Da der Propulsor nicht ummantelt ist, wird dieser Triebwerkstyp häufig den Propulsorantrieben zugeordnet.

Turbofan, Turboprop und Propellertriebwerk weisen zwei Luftströme auf:

  • Kernstrom: Strömt durch das Kerntriebwerk, um dort mit dem Treibstoff zu reagieren. Im Falle des elektrischen Kerntriebwerks wird i.d.R. auch ein „Kernmassenstrom“ benötigt, um den Elektromotor zu kühlen oder im Falle der Brennstoffzelle mit dem Treibstoff zu reagieren.
  • Mantelstrom (Nebenstrom): Strömt durch den Propulsor, um Schub zu erzeugen.

Eine wichtige Kennzahl bei diesen Antriebsarten ist das Nebenstromverhältnis (bypass ratio – BPR), d.h. der Massenstromquotient aus Nebenstrom zu Kernstrom. Der Entwicklungstrend hin zu größeren Nebenstromverhältnissen ist in der damit zusammenhängenden Verbesserung des Vortriebswirkungsgrads begründet. Turbofans der neuesten Generation weisen Nebenstromverhältnisse von ca. 12 auf, Turboprops von 20 bis 50 und Propellerantriebe von über 50.

Abb.: Übersicht der Triebwerkstypen, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Das Staustrahltriebwerk (Ramjet) weist einen vergleichsweise einfachen Aufbau auf, der gänzlich ohne rotierende Bauteile auskommt. Neben dem Einlauf (Diffuser) und der Düse (Nozzle) gibt es nur noch die Brennkammer (Burner), in der Wärmezufuhr durch Verbrennung stattfindet. Ein Teil der auf diese Weise zugeführten Energie wird in kinetische Energie des austretenden Luftstrahls umgewandelt, wodurch Schub erzeugt wird.

Der Turbojet kann als eine Erweiterung des Ramjets betrachtet werden, bei der ein Verdichter und eine Turbine hinzugenommen werden. Die Verdichtung der Luft vor der Brennkammer dient der Verbesserung des thermischen Wirkungsgrads, d.h. es wird weniger Treibstoff für das Erreichen der maximalen Prozesstemperatur benötigt. Die Turbine entnimmt einen Teil der Energie und treibt den Verdichter an, d.h. die beiden Bauteile sind über eine Welle gekoppelt. Für kurzzeitige Schubsteigerung kann in einem Turbojet ein Nachbrenner (Afterburner) eingebaut werden, hierdurch wird jedoch auch der Verbrauch stark erhöht.

Gegenüber dem Turbojet weist der Turbofan einen zweiten Luftstrom auf (Nebenstrom), um größere Nebenstromverhältnisse und somit bessere Vortriebswirkungsgrade zu erreichen. Prinzipiell ist es möglich, den Turbofan mit nur einer Welle zu bauen, da sich jedoch die Radien an verschiedenen Stellen des Triebwerks stark unterscheiden, werden verschiedene Drehzahlen benötigt, so dass zwei Wellen deutlich vorteilhafter sind. Es wurden auch Triebwerke mit drei Wellen konstruiert (durch die Firmen Rolls-Royce und Progress), mit entsprechend größerer mechanischer Komplexität. Bei den neuesten Triebwerksmodellen werden ausschließlich 2-wellige Konfigurationen favorisiert.

Beim Turboprop werden noch größere Nebenstromverhältnisse erreicht, wodurch auch der Propellerradius steigt. Gleichzeit steigen auch die Blattspitzengeschwindigkeiten und damit zusammenhängende Strömungsverluste, so dass ein Untersetzungsgetriebe notwendig ist. Häufig wird eine Freilaufturbine (Free Power Turbine) zum Antrieb des Propellers verwendet, deren Drehzahl von der Drehzahl des Gasgenerators entkoppelt ist. Als Gasgenerator wird die selbstständig lauffähige Einheit aus Verdichter, Brennkammer und Turbine bezeichnet (jedoch ohne Einlauf und Düse, in diesem Fall wäre es eine komplette Gasturbine). Eine Eigenschaft von Turbomaschinen ist die Notwendigkeit nach großen Drehzahlen, die selbst im Leerlauf etwa 50-60% der Auslegungsdrehzahl betragen muss. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Drehzahl des Propulsors mittels einer Freilaufturbine zu entkoppeln, d.h. sehr kleine Drehzahlen bei kleinem Leistungsbedarf zu ermöglichen.

Abb.: Aufbau verschiedener Triebwerkstypen, Lizenz: cc-by-nc-4.0

Nachfolgende Abbildung zeigt den schubspezifischen Treibstoffverbrauch (thrust specific fuel consumption – tsfc) verschiedener Triebwerkstypen. Den niedrigsten Verbrauch weisen Turboprops bis zu einer Machzahl von ca. 0,5 auf, gefolgt von Turbofans mit großem BPR bis Ma=0,9, den Turbofans mit kleinem BPR bis Ma=1,5, dem Turbojet bis Ma=3,5 und Ramjet ab Ma=3,5. Daraus erklärt sich der Einsatz dieser Antriebsarten in den entsprechenden Flugzeugtypen.

Abb.: Schubspezifischer Treibstoffverbrauch verschiedener Triebwerkstypen nach Raymer, D.P.: „Aircraft Design: A Conceptual Approach„, AIAA, Washington, 1988, Lizenz: cc-by-nc-4.0